Ein funktionierendes Werkstofflager beginnt nicht im Regal, sondern an der Rampe. Wer schon bei der Anlieferung auf klare Abläufe achtet, verhindert späteres Umlagern und Suchen. Ein fester Entladebereich, eindeutige Wege und eine saubere Trennung nach Lieferart schaffen Struktur. Material, das ungeplant oder falsch zugestellt wird, kostet nicht nur Zeit, sondern erhöht auch das Risiko von Fehlbeständen. Am Anfang steht daher die Frage: Welche Güter kommen wann und in welchen Mengen? Je genauer die Abläufe definiert sind, desto zuverlässiger funktioniert der Übergang vom Wareneingang ins Lager. Vor allem in dynamischen Betrieben mit vielen verschiedenen Werkstoffen lohnt sich ein System, das zwischen temporärem Zwischenlager und direkter Einlagerung unterscheidet.
Lagerzonen definieren und sinnvoll nutzen
Werkstoffe unterscheiden sich nicht nur durch Materialart oder Beschaffenheit, sondern auch durch ihre spezifischen Lageranforderungen. Manche benötigen Temperaturkontrolle, andere besondere Sicherheitsvorkehrungen oder eine besonders schnelle Verfügbarkeit. Eine grobe Einteilung in Blocklager, Regallager, Kragarmbereiche oder Spezialzonen für Gefahrstoffe bildet die Grundlage jeder funktionierenden Struktur. Ziel ist es, jedem Materialtyp einen geeigneten Platz zuzuweisen, der sowohl sicher als auch effizient erreichbar ist. Dabei sollte auch der Bewegungsfluss berücksichtigt werden: Laufwege, Staplerfahrten und Zugriffe auf Artikel dürfen sich nicht unnötig überschneiden. Insbesondere bei häufig genutzten Werkstoffen lohnt es sich, Lagerplätze nahe der Entnahme oder Fertigung einzuplanen. Umgekehrt sollten selten benötigte oder volumenstarke Güter in ruhigeren Lagerzonen untergebracht werden. Zonen für Rückläufer, Prüfchargen oder fehlerhafte Ware müssen ebenfalls klar abgegrenzt werden, um Vermischung zu vermeiden. In vielen Betrieben sind Lagerflächen über Jahre gewachsen und oft nicht mehr logisch aufgebaut. Das führt zu doppelten Wegen, unklaren Zuständigkeiten oder Platzverschwendung. Eine systematische Analyse und anschließende Neustrukturierung kostet Zeit, bringt jedoch langfristig spürbare Vorteile bei der Materialverfügbarkeit, Prozesssicherheit und Effizienz.
Kennzeichnung sorgt für Orientierung
Eine funktionierende Lagerstruktur bleibt wirkungslos, wenn sie nicht eindeutig sichtbar gemacht wird. Kennzeichnungen sorgen dafür, dass alle Beteiligten die Logik des Lagers erfassen und sich jederzeit zurechtfinden. Farben, Piktogramme, Nummerierungen und Richtungshinweise schaffen ein gemeinsames Verständnis – unabhängig von Sprache oder Erfahrung. Besonders wichtig ist eine konsistente Gestaltung, bei der die Bedeutung jeder Farbe oder jedes Symbols im gesamten Lager gleich bleibt. Wer im Lager den Boden markieren will, sollte ein durchdachtes Zonenkonzept als Grundlage nutzen: Gelb für Verkehrswege, Rot für gesperrte oder gefährliche Bereiche, Grün für Notausgänge oder Sicherheitszonen. Diese Markierungen sollten rutschfest, abriebfest und dauerhaft sichtbar sein, idealerweise ergänzt durch Beschilderungen auf Augenhöhe und Pläne an zentralen Punkten. Mobile Lösungen wie digitale Lagepläne auf Tablets oder über QR-Codes zugängliche Lagerkarten können zusätzlich unterstützen. Doch nicht jede Lösung muss technisch aufwendig sein – schon einfache Maßnahmen wie farbige Regalnummern oder eindeutige Beschriftungen wirken spürbar im Alltag. Wichtig ist, dass die Struktur allen Mitarbeitenden bekannt ist und auch bei Veränderungen aktualisiert wird. Regelmäßige Schulungen und kurze Einweisungen für neue Teammitglieder sichern langfristig den Nutzen der Kennzeichnung. Orientierung ist kein Luxus, sondern eine betriebliche Notwendigkeit – ohne sie entsteht Unruhe, Fehleranfälligkeit und Zeitverlust.
Ordnung pflegen, Abläufe prüfen
Struktur ist nicht statisch – sie muss mit den täglichen Anforderungen wachsen und sich anpassen. Ein Lager, das vor einem Jahr noch reibungslos funktionierte, kann heute bereits Engpässe oder Umwege erzeugen, wenn sich Produkte, Mengen oder Abläufe verändert haben. Deshalb braucht es regelmäßige Überprüfungen der Lagerorganisation – nicht nur optisch, sondern auch funktional. Die Mitarbeitenden spielen dabei eine zentrale Rolle: Wer täglich mit dem System arbeitet, erkennt Schwachstellen schneller als jede Planung von außen. Werden bestimmte Wege regelmäßig blockiert, werden Zonen für andere Zwecke zweckentfremdet oder stehen Materialien dauerhaft am falschen Platz, sind das klare Hinweise auf Optimierungsbedarf. Auch saisonale Schwankungen, neue Produkte oder veränderte Kundenanforderungen wirken sich direkt auf die Lagerlogik aus. Eine einfache Checkliste oder jährliche Sichtprüfung reicht oft schon aus, um problematische Stellen zu erkennen. Darüber hinaus lohnt es sich, Lagerkennzahlen wie Zugriffszeiten, Umlagerungen oder Rückläufer zu beobachten – sie zeigen, ob die Struktur im Alltag wirklich funktioniert. Ordnung ist ein Prozess, kein Endzustand. Sie entsteht durch konsequente Anwendung, regelmäßige Pflege und die Bereitschaft, bei Bedarf umzudenken. Wer Lagerstruktur als Teil der betrieblichen Qualität versteht, investiert nicht nur in Übersicht, sondern in Sicherheit, Geschwindigkeit und wirtschaftlichen Erfolg.
Checkliste: Werkstoffe sinnvoll lagern ✅📦
✅ | Maßnahme für strukturierte Lagerorganisation |
---|---|
⬜ | Lieferbereiche eindeutig kennzeichnen und trennen |
⬜ | Schnell drehende Artikel nahe der Entnahme positionieren |
⬜ | Lagerzonen nach Materialart, Temperatur oder Gefahrpotenzial definieren |
⬜ | Wegeführung planen, um Kreuzungen zu vermeiden |
⬜ | Farben und Schilder konsequent einsetzen |
⬜ | Materialflüsse dokumentieren und aktuell halten |
⬜ | Zugriffe regelmäßig auswerten und Lagerplätze optimieren |
⬜ | Zwischenlager für ungeplante Liefermengen vorsehen |
⬜ | Ordnung regelmäßig prüfen und auf Rückmeldungen reagieren |
Interview mit Martin Groß, Lagerplaner mit Fokus auf Mittelstand 🗣️
Martin Groß betreut seit über 15 Jahren Produktionsbetriebe bei der Neuplanung von Lagerflächen.
Wie wirkt sich eine klare Lagerstruktur auf den Betriebsalltag aus?
„Ordnung reduziert Reibungsverluste. Wer weiß, wo welches Material zu finden ist, arbeitet nicht nur schneller, sondern vermeidet auch Fehler und Sicherheitsrisiken.“
Was ist bei der Lagerung unterschiedlicher Werkstoffe besonders zu beachten?
„Materialien haben oft sehr unterschiedliche Anforderungen – manche sind temperaturempfindlich, andere dürfen nicht in der Nähe bestimmter Stoffe gelagert werden. Das muss in der Flächenplanung berücksichtigt werden.“
Wie groß ist der Einfluss der Wegeführung auf die Effizienz?
„Riesig. Falsch platzierte Zugänge oder Lagerplätze führen zu unnötigen Bewegungen, Zeitverlust und oft auch zu gefährlichen Situationen.“
Was raten Sie Unternehmen mit gewachsenen Lagerstrukturen?
„Nicht alles auf einmal ändern. Besser ist ein stufenweises Vorgehen – zuerst Engpässe identifizieren, dann gezielt Flächen oder Wege optimieren.“
Wie wichtig ist die Mitarbeitereinbindung bei der Planung?
„Entscheidend. Wer täglich mit dem Lager arbeitet, kennt die Probleme genau. Viele gute Lösungen kommen direkt aus der Praxis.“
Wird Digitalisierung überbewertet?
„Nicht überbewertet, aber oft falsch eingesetzt. Technik ersetzt keine klare Struktur, sondern verstärkt sie – wenn sie durchdacht integriert wird.“
Welche Rolle spielt die Kennzeichnung im Lager?
„Eine große. Farben, Symbole und Nummern schaffen Übersicht. Ohne das ist jeder Strukturplan wertlos, weil er sich nicht im Alltag wiederfindet.“
Wie oft sollte man die Lagerstruktur überprüfen?
„Mindestens einmal jährlich. Zusätzlich immer dann, wenn sich Produkte, Abläufe oder Mitarbeitende ändern.“
Struktur spart Zeit
Gut gelagerte Werkstoffe sorgen für stabile Abläufe. Wer klare Zonen einrichtet, Wege sinnvoll plant und für Orientierung sorgt, legt den Grundstein für effiziente Arbeit. Besonders in mittelständischen Betrieben zeigen sich Verbesserungen oft schon nach wenigen Wochen. Das Ziel: Ein Lager, das mitwächst – mit der Produktion, den Anforderungen und den Menschen. Struktur ist kein Selbstzweck, sondern der Schlüssel zu besserem Materialfluss.
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