Der letzte Abschnitt der Fertigungskette entscheidet oft darüber, wie reibungslos Produkte in den Versand gelangen. Wer hier Abläufe optimiert, spart nicht nur Zeit, sondern senkt auch Kosten. Die Verpackung zählt dabei zu den Bereichen, die oft übersehen werden – obwohl sie enorme Effizienzreserven bietet. Der Einsatz moderner Systeme, wie zum Beispiel automatisierter Palettierer, kann hier entscheidend sein. Doch auch ohne große Investitionen lassen sich zahlreiche Hebel bewegen. Dieser Beitrag zeigt, wie Unternehmen strukturiert vorgehen können, um ihre Verpackungsprozesse nachhaltig zu verbessern – praxisnah, datenbasiert und mit klaren Handlungsempfehlungen.
Warum Verpackung als Prozess verstanden werden muss
Obwohl sie oft als bloßer Abschluss der Produktion wahrgenommen wird, ist die Verpackung ein eigenständiger Prozess – mit klaren Schnittstellen zur Logistik, zur Qualitätssicherung und zum Zeitmanagement. Wer die Verpackung als festen Bestandteil des Produktionsflusses analysiert, erkennt schnell, dass Fehler an dieser Stelle häufig systemisch sind. Sie entstehen nicht am Packplatz, sondern bereits in der vorgelagerten Steuerung oder durch mangelnde Integration von Materialfluss und Personalplanung.
Laut einer Studie des Fraunhofer-Instituts für Materialfluss und Logistik (IML) aus Dortmund (2023) verlieren mittelständische Betriebe im Schnitt bis zu 12 % ihrer täglichen Ausbringungsmenge durch unnötige Reibungsverluste in der Verpackung. Ursachen sind oft fehlende Abstimmung zwischen vorgelagerten Prozessen, unflexible Verpackungssysteme oder unklare Zuständigkeiten.
Prozessanalyse als Ausgangspunkt
Wer Verbesserungen erreichen will, braucht eine fundierte Bestandsaufnahme. Dabei hilft die klassische Prozessanalyse in mehreren Schritten:
Schritt | Zielsetzung |
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Ist-Zustand dokumentieren | Welche Abläufe laufen wie ab? Wer ist beteiligt? |
Schnittstellen prüfen | Wo gibt es Medien-, Informations- oder Zeitbrüche? |
Durchsatz messen | Wie viele Verpackungseinheiten entstehen pro Stunde/Tag? |
Fehler erfassen | Wo entstehen Stillstände, Rückfragen oder Korrekturen? |
Ressourcen bewerten | Wie ist der Personaleinsatz? Welche Maschinen sind im Einsatz? |
Zentrale Messgröße: Verpackungseinheiten pro Zeiteinheit pro Mitarbeiter (VE/h/M). Diese Kennzahl macht Schwächen sofort sichtbar.
Technische Modernisierung – sinnvoll, aber nicht blind investieren
Nicht jeder Prozess braucht gleich einen neuen Palettierer. Gerade moderne Palettiersysteme bieten heute modulare Lösungen, die sich flexibel an vorhandene Verpackungslinien anpassen lassen. Technische Lösungen sollten auf Basis belastbarer Daten entschieden werden. Trotzdem zeigen Praxisbeispiele, dass schon einfache Anpassungen – wie optimierte Zuführsysteme, ergonomischere Arbeitshöhen oder ein durchgängiges Leitsystem für den Materialfluss – große Wirkung entfalten.
Wenn automatisierte Systeme wie Palettierer zum Einsatz kommen, muss ihre Integration exakt geplant werden. Ziel ist nicht nur eine mechanische Verbindung, sondern ein durchgängiger Informationsfluss: Etikettierung, Gewichtserfassung, Chargendokumentation und Sendungsverfolgung müssen integriert sein.
Praxisbeispiel: Ein mittelständisches Unternehmen aus der Lebensmittelverpackung konnte durch Umstellung auf halbautomatische Übergabelösungen den Personaleinsatz um 40 % reduzieren, ohne den Output zu verringern – bei gleichzeitiger Qualitätsverbesserung und geringerer Ausschussquote.
Mitarbeiter einbeziehen: Schulung und Umdenken
Technik ist nur so gut wie die Menschen, die sie bedienen. Das größte Verbesserungspotenzial liegt oft in der Kommunikation. Sobald Verpackung als reiner „Handgriff“ angesehen wird, fehlt das Verantwortungsgefühl. Unternehmen, die ihre Teams aktiv einbinden, erzielen bessere Ergebnisse.
Checkliste: Erfolgsfaktoren für Mitarbeiterintegration
✅ | Maßnahme |
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◻️ | Klare Rollenbeschreibungen in der Verpackung |
◻️ | Schulung zu Abläufen, Qualitätszielen und Fehlererkennung |
◻️ | Regelmäßige Feedbackschleifen mit Produktionsverantwortlichen |
◻️ | Beteiligung an kontinuierlichen Verbesserungsprozessen |
◻️ | Messbare Ziele pro Schicht oder Team |
Solche Maßnahmen stärken das Verständnis für den Gesamtprozess und fördern Eigenverantwortung.
Digitalisierung als Treiber effizienter Verpackung
Digitale Tools helfen, Verpackungsprozesse transparent zu machen. Moderne ERP- oder MES-Systeme (Manufacturing Execution Systems) erfassen Aufträge, führen Arbeitsschritte nach und geben Live-Daten zum Status.
Digitale Vorteile im Überblick:
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Genaue Rückverfolgung jeder Verpackungseinheit
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Frühwarnsysteme bei Störungen oder Engpässen
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Automatisierte Reports für Qualität und Leistung
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Planungssicherheit durch Echtzeitdaten
Ein vernetzter Palettierer kann so nicht nur stapeln, sondern auch Prozessdaten liefern – eine Funktion, die viele Unternehmen noch gar nicht nutzen.
Kennzahlenbasierte Steuerung und kontinuierliche Verbesserung
Wer Prozesse messen kann, kann sie steuern. Deshalb sind wenige, aber gezielte Kennzahlen entscheidend:
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Verpackungseinheiten pro Stunde (VE/h)
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Fehlerrate (Ausschussquote in %)
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Durchlaufzeit je Verpackungsauftrag
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Personalaufwand pro 1.000 Einheiten (MAh/1.000 VE)
Diese KPIs lassen sich mit einfachen Systemen erfassen und regelmäßig auswerten. Noch wichtiger: Jede Maßnahme zur Verbesserung muss messbar sein – sonst bleibt sie reines Bauchgefühl.
Automatisierung mit Augenmaß: Der dritte Einsatz des Palettierers
In manchen Fällen ist die Anschaffung eines automatisierten Palettierers wirtschaftlich sinnvoll. Voraussetzung ist, dass Durchsatz, Platz und Komplexität die Investition rechtfertigen. Entscheidend ist auch die Skalierbarkeit: Kann das System mit wechselnden Verpackungsgrößen, Formaten und Geschwindigkeiten umgehen?
Empfehlenswert ist der Vergleich mehrerer Anbieter unter Berücksichtigung von:
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Serviceverfügbarkeit im Umkreis
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Energieverbrauch pro Zyklus
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Schnittstellen-Kompatibilität zu bestehenden Systemen
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Software-Update-Fähigkeit für künftige Anforderungen
Gut geplant, kann ein Palettierer Prozesse standardisieren, Fehler reduzieren und Mitarbeiter gezielt entlasten – ohne Flexibilität zu verlieren.
Interview mit Lena Vollmer, Produktionsleiterin
Thema: Verpackungsprozesse verbessern – Zwischen Effizienz, Technik und Realität
Redaktion: Frau Vollmer, Sie leiten seit über zehn Jahren die Produktion eines mittelständischen Unternehmens im Bereich Verpackungstechnik. Was sind aus Ihrer Sicht die größten Schwächen in klassischen Verpackungsprozessen?
Lena Vollmer: Die größte Schwäche ist aus meiner Sicht der fehlende Blick aufs Ganze. Viele Unternehmen betrachten Verpackung isoliert, als reine Schlussaktivität. Dabei ist dieser Bereich eng mit vorgelagerten Prozessen wie Kommissionierung, Warenbereitstellung und sogar Einkauf verbunden. Wenn dort schon Chaos herrscht, wird der Verpackungsbereich zum Flaschenhals.
Redaktion: Wo setzen Sie in Ihrem Unternehmen konkret an, wenn es um Verbesserungen geht?
Lena Vollmer: Wir starten immer mit einer durchgängigen Prozessaufnahme – das klingt simpel, ist aber in der Praxis entscheidend. Wir schauen uns alle Schnittstellen an: Materialfluss, Personal, IT-Systeme. Gerade in den Übergaben liegen oft große Reibungsverluste. Dann analysieren wir Schritt für Schritt, wo Zeit verloren geht, wie oft umgepackt wird oder wo es zu Störungen kommt. Ein kleines Beispiel: Allein durch das Umstellen der Etikettierung auf eine bessere Druckstation konnten wir die Fehlerquote um 17 % senken.
Redaktion: Wie steht es um die Rolle der Mitarbeitenden bei solchen Veränderungen?
Lena Vollmer: Ohne sie geht gar nichts. Ein Palettierer allein macht keinen besseren Prozess. Wir legen deshalb großen Wert auf Schulung, Feedbackrunden und eine klare Fehlerkultur. Wer dauerhaft gute Ergebnisse will, muss auch die Motivation der Teams ernst nehmen – gerade in körperlich fordernden Bereichen wie der Verpackung.
Redaktion: Was halten Sie von Automatisierungslösungen? Wann lohnt sich eine Investition?
Lena Vollmer: Wenn Prozesse stabil laufen und die Produktpalette nicht zu oft wechselt, ist Automatisierung fast immer sinnvoll. Aber der wirtschaftliche Nutzen hängt stark vom Durchsatz ab. Ein Palettierer lohnt sich meist erst bei über 500 Einheiten pro Stunde – darunter sind halbautomatische Systeme oft flexibler. Entscheidend ist aber die Integration. Die Technik muss zum Unternehmen passen – nicht umgekehrt.
Redaktion: Abschließend: Was raten Sie anderen Unternehmen, die ihre Verpackungsprozesse verbessern wollen?
Lena Vollmer: Nicht vorschnell investieren, sondern systematisch analysieren. Es gibt keine Einzellösung, die alles löst. Aber es gibt viele Stellschrauben – und wer sie methodisch dreht, kann oft mit wenig Aufwand viel erreichen. Prozesse verbessern ist kein Projekt, sondern ein Prinzip.
Effizienter verpacken – messbar besser liefern
Verpackungsprozesse bieten enormes Optimierungspotenzial. Wer sie nicht isoliert betrachtet, sondern als Bestandteil der gesamten Produktionskette versteht, kann Zeit sparen, Qualität steigern und Kosten senken. Entscheidend ist ein strukturierter, datengestützter Ansatz – von der Analyse über die Technik bis hin zur Einbindung der Mitarbeitenden. Moderne Technologien wie digitale Steuerungssysteme und automatisierte Lösungen wie Palettierer können dabei gezielt unterstützen, müssen aber sinnvoll eingebettet werden. So wird aus dem „letzten Schritt“ ein klarer Wettbewerbsvorteil.
Bildnachweis: Adobe Stock/ eakgrungenerd, littlewolf1989, Рустам Шаймарданов